Wolfgang Hüttl Pique Dame, 1958
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- Artikel-Nr.: 605
Instrument:
Der 1921 in Schönbach im Egerland geborene Wolfgang Hüttl ließ sich nach der Vertreibung der Deutschen nach dem zweiten Weltkrieg in Bubenreuth nieder und gründete seine eigene Werkstatt, in der in Spitzenzeiten bis zu 50 Mitarbeiter beschäftigt waren. Hüttl war einer der größten deutschen Hersteller und ist heute zu Unrecht fast in Vergessenheit geraten. Er war einer der talentiertesten und innovativsten deutschen Nachkriegs-Gitarrenbauer und produzierte bis zur Auflösung seiner Werkstatt 1983 viele sehr gute und etliche bemerkenswert hochwertige und beeindruckende Gitarren wie die Opus 59. Hüttl war ein Hersteller, der sich sehr wenig um Markenpflege kümmerte und 90% seiner Instrumente ohne Logo und Markenname auslieferte. So baute er auch viele Instrumente für andere Hersteller oder Musikgeschäfte wie Lindberg, Hopf und Klira (er war mit der Tochter der Klira-Besitzerin verheiratet). Er hatte nie Probleme damit, sich bei den Details auch an anderen Herstellern zu orientieren. Die am oberen Ende der Produktpalette angesiedelte Pique Dame ist eines seiner erfolgreichsten Modelle, die Serie wurde mit etlichen Modifikationen über 20 Jahre lang gebaut. Sie ähnelt durchaus der Klira Red King. Erkennungszeichen sind immer das typisch deutsche dritte Schallloch, das Schachbrett-Binding um die Decke und die schwarz-rote Lackierung (Black Rose). Unsere Pique Dame stammt aus dem Jahr 1958.
Material:
Massive Decke aus sehr feinjähriger Alpenfichte, bookmatched verarbeitet. Seiten und Boden aus laminiertem Ahorn. Dreiteiliger Hals aus Ahornstreifen, inkl. Griffbrett vierfach gesperrt, das sorgt für Stabilität. Griffbrett aus hellem, stark gemasertem Honduras-Palisander mit vier Perloid-Rechteckeinlagen. Knochensattel ohne Nullbund. Brücke aus Ebenholz und schwarz gebeiztem Birnbaum. Schlagbrett und Kopfplatte aus wunderbar marmoriertem Perloid, die Kopfplatte mit schwarzem Celluloidkeil im Klira-Design. Offene Mechaniken mit dicken Nylon-Achsen.
Geschichte:
Unbekannt. Als wir sie bekamen, war die Gitarre ziemlich verbastelt und kaum spielbar. Die Nickelauflage des Saitenhalters war völlig unterrostet und blätterte ab. Das Griffbrett wurde an der Kopfplatte gekürzt, der Nullbund entfernt und stattdessen ein billiger zu schmaler Plastiksattel eingebaut. Aua! Die Mechanikhülsen fehlten, das Schlagbrett war ein grob ausgesägtes Plastikteil und als Brücke diente lediglich das Oberteil einer Framus-Brücke. Aber die Basis war strukturell perfekt und der Klang wunderschön, laut und harmonisch, die Hüttl muss also intensiv und über lange Jahre eingespielt worden sein.
Restaurierungsarbeiten:
Die Gitarre wurde vollständig gereinigt, der Korpus ausgeblasen und alle Lackflächen aufwändig poliert. Griffbrett und Bundstäbchen wurden abgerichtet, die Bundstäbchen poliert, das Griffbrett geölt. Den billigen Plastiksattel haben wir entfernt und durch einen exakt angepassten Knochensattel ersetzt. Auch wurden der rostige Saitenhalter und das hässliche Plastikschlagbrett durch New-Old-Stock-Originale aus den frühen sechziger Jahren ersetzt. Da die Geometrie der Gitarre eine sehr flache Brücke benötigt, haben wir eine verstellbare dafür angepasst. Die Mechaniken wurden aufgearbeitet und geölt, passende massive Hülsen aus unserem Bestand montiert. Abschließend wurden noch neue 11“-Bronzesaiten von Pyramid montiert und eine Grundeinstellung durchgeführt.
Aktueller Zustand:
Die Hüttl ist nun wieder in Topzustand, nicht mehr original, aber 100% authentisch. Dank der hochwertigen Materialien, dem intensiven Spielen, des Knochensattels und der flachen Brücke liefert sie einen wirklich beeindruckenden Sound. Offen, hell, brillant. Typisch lauter Archtop Ton mit sehr schöner Harmonieauflösung und akkurater Ansprache. Bestens geeignet für Blues, Jazz und Swing, aber auch laute und harte Oberkrainer-Rhythmen. Auch der leiseste Ton steht wie eine Eins und bleibt, im Rhythmusspiel bleiben die Akkorde immer fein akzentuiert und verschwimmen nicht. Es geht einfach nichts über gut eingespielte Gitarren. Die Optik ist einfach wunderschön, hier regiert die große deutsche Archtoptradition, alles harmoniert miteinander, fein abgestimmtes, cremeweißes Perloid auf Kopfplatte, Griffbrett und Schlagbrett ergänzt die schwarz-roten Grundfarben perfekt. Der Zustand ist einwandfrei mit nur sehr wenigen winzigen Kratzerchen und Spielspuren, einfach etwas schöne Patina, aber fast nichts in Bezug auf die 63 Jahre Gitarrenleben. Natürlich gibt es keine gravierenden Schäden, Risse oder ähnliches, alles funktioniert einwandfrei und wie es soll. Die Gitarre spielt sich kinderleicht und macht einfach Freude. Vielleicht keine Option für den 100%-Originalzustand-Sammler, aber ein Muss für Player, die auf Klang Wert legen und wunderbare Ergänzung jeder Gitarristen-Ausstattung. In jedem Fall aber viel Leistung für wenig Geld!
Maße:
Länge über alles 107 cm; Länge Korpus 52 cm; Unterbug 42 cm; Taille 26 cm; Oberbug 32 cm; Zargenhöhe 8,5 cm; Mensur 63,5 cm (Sattel bis Steg); Breite Griffbrett am Sattel 4,5 cm, am 12. Bund 5,4 cm; Gewicht 2.220 g; Saitenabstand 12. Bund 2-3 mm.